Ziele sind in einem Projekt von essentieller Bedeutung. Sie helfen, die Erwartungen an ein Projekt klar zu beschreiben. Und man beugt Ärger am Ende eines Projektes vor, da konkrete Zielbeschreibungen ein gemeinsames Bild von dem, was am Ende des Projektes stehen soll, schaffen und so Missverständnisse zwischen Projektauftraggeber und Projektleiter vermieden werden können.

Eine Studie der GPM (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.) besagt, dass „unklare Ziele“ häufig dafür verantwortlich sind, dass Projekte scheitern. Ein Problem, welches auch wir in der Praxis immer wieder beobachten können. Denn „das Vermeiden unklarer Ziele“ bedeutet im Umkehrschluss nichts anderes, als dass das Ausformulieren von Zielen ein kritischer Erfolgsfaktor in Projekten ist! Ein Vorteil von „gut ausformulierten“ Zielen besteht darin, dass ein Projekt am Ende auch wirklich klar evaluierbar ist; wenn man nicht messen kann, ob das Projekt alles erreicht hat, was man sich vorgenommen hat, bleibt erfahrungsgemäß immer viel Platz für Diskussionen. Auch kann es sehr dienlich sein, Ziele zu priorisieren, denn so hat man in kritischen Projektsituationen einen Anhaltspunkt, welche man am ehesten ausklammern bzw. streichen kann. Und trotzdem gilt: Ziele sollten – schriftlich ausformuliert – nicht zu lange sein, sonst werden diese vielleicht erst gar nicht gelesen. Das klingt jetzt nach einer perfekten Idealvorstellung und komplizierter als es ist, denn wenn Sie mit den folgenden ausgewählten Methoden Ihre Ziele formulieren und mögliche Zielkonflikte frühzeitig erkennen, sind Sie Ihren „idealen“ Zielen einen guten Schritt näher.

Methoden, um Ziele zu definieren
Methoden und Ideen, um Ziele auszuformulieren oder Ziele richtig zu gestalten, existieren viele. Aus meiner Sicht gibt es nicht die eine „richtige“ Methode – einige liegen manch einem Projektleiter schlichtweg besser oder sind für eine konkrete Situation geeigneter. Aber werfen wir einmal einen Blick hinter die gängigsten Methoden:

  • SMART-Methode
  • MoSCoW-Methode
  • Messbar-/Machbar-Methode
  • 1,2,3-Priorisierung

 

Die SMART-Methode
Immer wieder bewährt hat sich die etwas ältere und im Projektgeschäft sehr bekannte SMART-Methode. Ihr Geheimnis lautet: Machen Sie Ziele messbar beziehungsweise quantifizierbar. Das Akronym SMART steht dabei für Spezifisch, Messbar, Akzeptabel, Realistisch und Terminiert. (vgl. Abb. 1). Als Grundregel gilt, Ziele sollten immer so formuliert sein, dass dabei immer mindestens einer der Buchstaben des Akronyms bedient wird. So ist die Formulierung „Steigerung der Folgebestellungen“ weniger geeignet als „Die Folgebestellungen der Erstbesteller sollen bis zum Ende des zweiten Quartals 2017 um mindestens 14% gesteigert werden“.  „Schulungen durchführen“ ist weniger spezifisch bzw. messbar als „Es wurde bis zum 15.08.2016 für alle Mitarbeiter aus dem Bereich Controlling und Marketing eine zweitägige Basisschulung zum Thema xy durchgeführt“.

S Spezifisch Immer eindeutig und verständlich formulieren, nicht abstrakt, sondern konkret.
M Messbar Ziele müssen messbar sein. Zum Bespiel durch Angabe von Beträgen oder Prozentwerten.
A Akzeptabel Sie müssen erreichbar sein (ruhig sportlich, aber möglich) und somit vom Team akzeptiert werden.
R Realistisch Dabei sollte darauf geachtet werden, dass Ziele auch immer wirklich realistisch sind.
T Terminiert Ziele sollten auch stets zeitlich planbar sein.

Abb. 1: SMART-Methode

Eine ähnliche Gedankenstütze verfolgt die sogenannte AROMA-Methode, wobei dieses Akronym für Annehmbar, Realisierbar, Objektiv, Messbar und Aussagefähig steht.

 

Die MoSCoW-Methode
Bei dieser Methode dient die Stadt Moskau (MoSCoW) als Gedankenstütze. Sie dient der Priorisierung von Zielen (vgl. Abb 2), wobei die einzelnen Ziele den verschiedenen Kategorien Must, Should, Could, Won’t zugeordnet werden. Dieses Priorisieren hilft Projektmanagern, sich auf die Anforderungen entsprechend ihrer Wichtigkeit und Auswirkungen zu fokussieren. Eine solche Priorisierung macht insbesondere dann Sinn, wenn es zum Beispiel zu Schwierigkeiten im Projekt kommen sollte (kritische Projektsituationen). Stellen Sie sich vor, Ihnen fallen bestimmte Ressourcen im Projekt weg, dann konzentrieren Sie sich unter Umständen nur noch ausschließlich auf die „Must“-Ziele bzw. auf die Abarbeitung der Ziele entsprechend ihrer Kategorisierung.

M Must Dieses Ziel ist unbedingt erforderlich und muss unbedingt erreicht werden
S Should Soll umgesetzt werden, wenn alle entsprechenden Must-Anforderungen erfüllt und eingehalten werden können
C Could Diese Ziele können umgesetzt werden, wenn die Erfüllung von höherwertigen Anforderungen nicht beeinträchtigt wird
W Won‘t Diese Ziele werden bewusst in diesem Projekt nicht umgesetzt (können aber zum Beispiel für ein späteres Projekt vorgesehen werden)

Abb. 2: MoSCoW-Methode

 

Die Messbar-/Machbar-Methode
Die „Messbar-/Machbar-Methode“ ist wohl eine der einfachsten überhaupt. Sie stellt eine sehr simple und pragmatische Überprüfung der Ziele dar. Dabei soll man jedes Ziel nach den Kriterien „messbar“ und „machbar“ betrachten. Messbar ist ein Ziel, wenn dieses z.B. mit einem Datum kombiniert und noch dazu mit einem greifbaren Zielwert bestimmt wird. Zum Beispiel: „Bis zum 20.05.2016 sollen mindestens 30 Mitarbeiter der Logistikabteilung auf das neue Tool geschult sein“. Wurde dieses Ziel so ausformuliert, kann ich am 20.05.2016 genau messen, ob ich die 30 Mitarbeiter geschult habe. Machbar ist das Ziel, wenn ich über die dafür notwendigen Mittel verfüge, um dieses zu erreichen. Zum Beispiel: Know-how, Erfahrung, Möglichkeiten, Kontakte, Ressourcen etc. D.h. bei jedem Ziel sollte das Kriterium „machbar“ immer zusätzlich zum Kriterium „messbar“ hinterfragt bzw. betrachtet werden.

 

Die Methode der 1,2,3-Priorisierung
Die 1,2,3-Priorisierung ist eine einfache Möglichkeit, Ziele strikt nach Zahlen zu priorisieren. Beispiel: In einem Projekt werden insgesamt 12 Ziele definiert. Diese werden dann in der Reihenfolge 1 – 12 priorisiert (durchnummeriert). Der Vorteil ist hier (ebenfalls wie bei der MoSCoW-Methode), dass es in kritischen Projektsituationen vielleicht einfacher wird, Abstriche zu machen – in diesen Situationen ist man oft froh, nicht auch noch solche Priorisierungen durchführen zu müssen. Wenn Sie mit Ihrem Projektauftraggeber gemeinsam entscheiden, welche Ziele entbehrlich sind, dann sind das natürlich jene mit der geringsten Priorisierung. In der Praxis kommen auch abgewandelten Formen der 1,2,3-Priorisierung vor, so kann man z.B. nur die ersten drei Ziele priorisieren, die restlichen Ziele (4-xy) haben dann die gleiche Wertigkeit.

Zielbeziehungen – Umgang mit widersprüchlichen Zielen
Nicht verzichten sollten Sie auf eine Gesamtbetrachtung Ihrer Ziele. Denn Ziele, für sich alleine betrachtet, können durchaus Sinn machen, aber im Gesamtkontext stehen sie jedoch manchmal zueinander in Widerspruch! Grundsätzlich unterscheidet man zwischen drei Zielbeziehungen:

  • Komplementäre Ziele
    Diese Ziele ergänzen sich gegenseitig. Wird ein Ziel erreicht, unterstützt oder erleichtert es das Erreichen eines weiteren bzw. des nächsten Zieles.
  • Konkurrierende Ziele
    Das sind widersprüchliche Ziele. Das heißt, dass zwei Ziele in einem Widerspruch zueinander stehen. Nähert man sich dem einen Ziel, entfernt man sich dadurch automatisch von dem anderen.
  • Indifferente Ziele
    Das sind neutrale Ziele. Die Erreichung des einen Zieles ist völlig unabhängig von der Erreichung eines anderen Zieles im Projekt.

Ein Beispiel: Im Rahmen eines Projekts soll der „First Level Support“ der IT-Abteilung optimiert werden. In diesem Projekt wurden nun unter anderem folgende zwei Ziele definiert:

  1. Reduktion der Personalkosten um mindestens 28%.
  2. Ausweitung der zeitlichen Erreichbarkeit des First Level Supports von 5 Tagen zu 14 Stunden auf 7 Tage zu 24 Stunden die Woche

Für sich alleine betrachtet, erscheinen die Ziele schlüssig, in der Gesamtbetrachtung handelt es sich jedoch um zwei konkurrierende Ziele. Es kann immer wieder vorkommen, dass in einem Projekt konkurrierende Ziele vorhanden sind. In diesem Fall würde (als Praxistipp) natürlich wieder eine Priorisierung helfen. Im Zweifelsfall gewinnt das Ziel mit der höheren Priorität.

Um eine visuelle Unterstützung zu bekommen, kann man die Ziele in einer Zielbeziehungsmatrix abbilden (vgl. Abb. 3).

  Ziel A Ziel B Ziel C
Ziel A + o
Ziel B +
Ziel C o +
Legende:
+ komplementäre Ziele
o indifferente Ziele
– konkurrierende Ziele
Abb. 3: Zielbeziehungs-Matrix, um Zielbeziehungen aufzuzeigen

 

Tipps für die Praxis

  • Beschreiben Sie Endzustände oder Ergebnisse
    Formulieren Sie Ziele nicht als „To-Dos“. Ziele sollten immer als Endzustände formuliert werden. Als hilfreich erwies sich der Ansatz, Ziele aus der Perspektive eines zukünftigen Nutzens zu definieren. Formulierungen wie „der Kunde ist in der Lage …“, „wir verfügen über …“, „es ist gewährleistet …“ unterstützen diesen Ansatz.
  • Checken Sie, ob die Ziele von allen Beteiligten verstanden wurden
    Wichtig ist bei allen Zielen im Projekt, dass diese unmissverständlich von allen Beteiligten verstanden und akzeptiert wurden. Nicht nur vom Projektauftraggeber und vom Projektmanager, sondern auch vom gesamten Projektteam. Fragen Sie daher sicherheitshalber lieber einmal zu viel als zu wenig nach (big project picture).
  • Definieren Sie Nicht-Ziele
    Das Festlegen von Nicht-Zielen in einem Projekt ist ein Instrument zur negativen Abgrenzung von Inhalten. Damit hat man die Möglichkeit, bestimmte Themen bewusst aus dem Projekt auszugrenzen. So wird allen im Projekt Beteiligten kommuniziert, dass diese (Nicht-Ziele) explizit nicht verfolgt werden. Oftmals wird durch das Formulieren der Nicht-Ziele auch noch einmal ein Ziel geschärft.
  • Ziele lösungsneutral formulieren
    Ziele sollten immer lösungsneutral formuliert sein. Das ist in der Praxis aber oft gar nicht so einfach, weil oftmals der Projektauftraggeber schon eine fixe Lösung im Kopf hat. Manchmal sind „lösungsneutrale“ Ziele besser. Das bedeutet, dass nicht alle Lösungsattribute fix vorgegeben sind. „Sharepoint wurde als System für das zukünftige Dokumentenmanagement-System eingeführt“ ist beispielsweise weniger lösungsneutral formuliert als „Ein Dokumentenmanagement-System wurde eingeführt“.

Getreu dem Motto „Zeig mir wie dein Projekt geplant ist, und ich sage dir wie es endet“ unterstützen Sie gute Ziele dabei, besser durch das Projekt zu kommen und helfen Ihnen noch mehr bei der Evaluierung des Projekts.