Strategie

Ist Ihr Unternehmen bereit für den Wandel?

Führungskräfte sind sich einig: innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre wird Ihr Unternehmen einen derart tiefgreifenden Wandel erleben, dass es kaum wiedererkennbar sein wird. Geopolitische Umwälzungen und technologische Entwicklungen lassen mittlerweile keinen Zweifel mehr daran, dass sich diese Welt fundamental verändern wird. Wesentlich weniger eindeutig scheint da schon die Frage nach der Wandlungsfähigkeit von Unternehmen.

Sind Unternehmen bereit für das, was auf sie zukommt? Das Beratungsunternehmen Staufen AG hat sich dieser Frage angenommen und einen Index entwickelt, der eine aussagekräftige und faktenbasierte Aussage über die Change Readiness von Unternehmen liefert.

Change Readiness beschreibt die Fähigkeit, Veränderungen gleichermaßen kontinuierlich und proaktiv einzuleiten als auch auf Veränderungen so zu reagieren, dass neue Vorteile für das Unternehmen entstehen können, dass das Risiko minimiert wird oder der Erfolg aufrechterhalten bleibt. In Zeiten, in denen Megatrends, wie die Digitalisierung oder tiefgreifende geopolitische Umbrüche, die Entwicklung unserer Welt bestimmen, entwickeln sich diese Fähigkeiten immer mehr zum zentralen Überlebens- und Erfolgsparameter. Bislang entsprach die Ausprägung dieses Parameters eher einer persönlichen Einschätzung als einer soliden Analyse. Die Unternehmensberatung Staufen AG hat letztes Jahr in einer Studie mit über 600 deutschen Unternehmen einen „Change Readiness Index 2017“ erarbeitet, der eine fundierte Bewertung über die Wandlungsfähigkeit eines Unternehmens abgeben kann. Dabei setzten die Autoren vier Erfolgsfaktoren des Wandels fest, die gleichermaßen einen Anteil an der Change Readiness eines Unternehmens haben:

Erfolgsfaktoren des Wandels

Am Umfang und der Gewichtung dieser Parameter wird bereits sichtbar, dass wahre Wandlungsfähigkeit weder mit flexibel ausgerichteten Prozessen noch mit flachen Hierarchien alleine erreicht werden kann. Change Readiness beginnt vor allem dort, wo das Unternehmen pulsiert – in der Führungs- und Unternehmenskultur bzw. in den Mitarbeitern.

Die Erfolgsfaktoren des Wandels haben in den Unternehmen vielerlei Gestalt: Strukturell zeigen sie sich beispielsweise durch eine flexible und wandelbare Organisation, die zumeist flache Hierarchien aufweist. Unternehmen mit einer hohen Wandlungsfähigkeit verstehen sich als lernende Organisationen, die eine kontinuierliche Verbesserung und eine systematische Problemlösung verfolgen. Insbesondere im Bereich der Unternehmensprozesse wird der Zusammenhang zwischen Lean-agierenden Unternehmen und einer hohen Change Readiness sichtbar: Unternehmen, die ihre Prozesse flexibel und doch strukturiert und ohne unnötige Schnittstellen ausgerichtet haben, weisen tendenziell eine höhe Change Readiness auf. Wie die Studie zeigt, sind es nicht diese beiden Parameter, die die größten Herausforderungen für Unternehmen darstellen. Mit jeweils 60 (von hundert möglichen) Punkten ist die Wandlungsfähigkeit in den Bereichen Struktur und Prozesse stärker ausgeprägt als in den Bereichen Führung (55 Punkte) und Mitarbeiter / Qualifikation (58).

Die Studie bestätigt, was wir in der Praxis immer wieder erleben: Es ist herausfordernd, seine Strukturen zu verändern oder seine Prozesse permanent zu verbessern, aber es ist noch viel schwieriger bewährte Denkmuster aus den Köpfen der Führungskräfte und Mitarbeiter zu bekommen, eingesessene Routinen und Rituale zu ändern. Das funktioniert dann, wenn Pioniergeist und Eigenverantwortung vorherrschen, die Stimmung von einer positiven Fehlerkultur und gelebten Werten beflügelt ist und Zusammenarbeit auf der Basis von Vertrauen und nicht Kontrolle gelebt wird. Wie die Studie zeigt, tun sich Unternehmen nach wie vor schwer, sich kompromisslos auf diese neue Kultur einzulassen: Sie schwanken nach wie vor zwischen Home Office und Stechuhr, zwischen Corporate Ownership und Top-Down-Entscheidungen.

So misst die Studie den befragten deutschen Unternehmen mit einem Change Readiness Index von 58 auf einer Skala von 1 bis 100 Punkten eine eher durchschnittliche Wandlungsfähigkeit bei. Interessanter Weise ergibt der Mittelwert allerdings nur einen Teil des Bildes, das insgesamt von enormen Schwankungen zwischen 18 und 90 Punkten geprägt ist. So vermisst ein Teil der befragten Unternehmen jegliche Wandlungsfähigkeit, während andere bereits sehr gut für die kommenden Herausforderungen gerüstet sind. Das Ergebnis korreliert auch mit der Einschätzung der Befragten über die Relevanz der Veränderungen für ihr jeweiliges Unternehmen. Während sich große Unternehmen von den Megatrends deutlich betroffen fühlen und das auch für die Zukunft voraussehen, blicken kleinere Unternehmen wesentlich unbedarfter in die Zukunft.

Wir erleben in der Praxis, dass die Dringlichkeit der Thematik den Unternehmen bewusst ist. Auch der Wille wandlungsfähiger, adaptiver und gerüstet für die Zukunft zu sein, ist da. Die Umsetzung allerdings ist sehr oft noch eine Herausforderung. Was es meiner Meinung nach nicht braucht, sind weitere groß angelegte Veränderungsinitiativen. Davon hatten wir in den letzten Jahren genug. Viele Mitarbeiter sind müde von den ganzen Veränderungen – haben Sie doch in vielen Fällen in den letzten 5 Jahren 3 große Reorganisationen mitgemacht.   Auch die Erfolgsquote von Veränderungsprojekten (Studien sprechen von 70% die scheitern) drängt darauf, den Ansatz zu ändern. Wir brauchen nicht mehr vom Gleichen. Das Ziel muss es sein, die Organisation so zu befähigen, dass sie sich von innen heraus kontinuierlich selbst verändern kann. Dazu braucht es die in der Studie genannten Betrachtungsobjekte wie Strukturen, Prozesse, Führungs- und Unternehmenskultur sowie Mitarbeiter und Qualifikation. Am Ende des Tages bestehen Organisationen aus Menschen. Und genau da sollte man ansetzen. Die Menschen in den Organisationen sind der Schlüssel zur Veränderungsfähigkeit.