Die Teamrollen nach Belbin als Erfolgsfaktor im Projektmanagement

Nobody is perfect – but a team can be

Robert leitet seit drei Jahren die Abteilung Human Resources in einem mittelständischen Unternehmen in Niederösterreich. Gestern wurde ihm im Jour Fixe mit der Geschäftsführung der Wunsch nach einem neuen, flexibleren Zeiterfassungssystem mitgeteilt.
Robert wurde die Projektleitung für diese umfangreiche Aufgabenstellung übertragen – von der Auswahl eines geeigneten Anbieters bis zur Implementierung in Zusammenarbeit mit der hauseigenen IT liegt nun das Gesamtprojekt in seinem Verantwortungsbereich. Auch die Zusammenstellung seines Projektteams wurde ihm völlig frei überlassen.
Im ersten Moment freute sich Robert sehr über diese Freiheiten und das ihm dadurch entgegengebrachte Vertrauen. Doch nachdem er eine Nacht darüber geschlafen hatte, begann er zu grübeln: Nach welchen Kriterien sollte er die Projektteammitglieder auswählen? Anhand ihrer fachlichen Kompetenz und langjährigen Erfahrung im Unternehmen? Oder sollte er nur jene Kollegen auswählen, die schon auf umfangreiche Projekterfahrung zurückgreifen können, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen? Vielleicht sollte er das Projektteam aber auch um ein paar junge KollegInnen ergänzen, die frischen Wind und neue Ideen einbringen, da schließlich die ausgetretenen Pfade des alten Systems verlassen werden sollten?

Wir von Setting Milestones sind davon überzeugt, dass die Auswahl des richtigen Projektteams einen kritischen Faktor für das Gelingen oder Scheitern eines Projekts darstellt. Oft wird der Personenkreis, der, die im Rahmen eines Projekts zusammenarbeiten darf bzw. muss, allerdings schon vorbestimmt. Doch wenn ein Projektleiter – so wie Robert – in der glücklichen Lage ist, sein Team selbst zusammenzustellen, sollten idealerweise neben den fachlichen Qualifikationen auch persönlichkeitsbezogene Merkmale in die Auswahl der Projektteammitglieder einfließen.

 

Einen spannenden Ansatz bietet hier das Teamrollen-Modell von Belbin:

Schon in den 1970er-Jahren beschäftigte sich der englische Wissenschaftler R. Meredith Belbin damit, welche Auswirkungen die Zusammensetzung eines Teams auf dessen Leistung hat. Er folgte dabei der Annahme, dass das Persönlichkeitsprofil eines Menschen auf unterschiedlich stark ausgeprägten Eigenschaften und Verhaltensmustern beruht. Darauf aufbauend identifizierte er bei Forschungen am Henley Management College acht verschiedene Teamrollen. Später ergänzte er das Modell um eine weitere Rolle (der Spezialist).

 

 

Drei handlungsorientierte Rollen:

  • Macher (shaper)
  • Umsetzer (implementer)
  • Perfektionist (completer, finisher)

Drei kommunikationsorientierte Rollen:

  • Koordinator/Integrator (coordinator)
  • Teamarbeiter/Mitspieler (teamworker)
  • Wegbereiter/Weichensteller (resource investigator)

Drei wissensorientierte Rollen:

  • Visionär/Erfinder (plant)
  • Beobachter (monitor evaluator)
  • Spezialist (specialist)

 

Belbin erkannte in seiner Forschungsarbeit, dass Teams vor allem dann effektiv arbeiten, wenn sie aus einer Vielzahl unterschiedlicher Persönlichkeits- und Rollentypen zusammengesetzt sind. Jedes der Teammitglieder trägt durch seine Rolle, die durch bestimmte Charakteristika definiert ist, seinen Teil zur Gesamtleistung des Teams bei. Dabei sind besondere Stärken einzelner Teammitglieder häufig mit „zulässigen Schwächen“ verbunden. Diese Schwächen stellen aber keinen Nachteil für das gesamte Team dar, weil sie durch die Stärken anderer Mitglieder ausgeglichen werden.  Zudem müssen nicht immer zwingend sämtliche Rollen innerhalb eines Teams besetzt werden. Fehlt etwa in einem Projekt, in dem neue Ideen, ungewöhnliche Ansätze und innovative Lösungen gefragt sind, die Rolle des Beobachters, ist das weniger schlimm als ein fehlender Visionär/Erfinder. Im Gegensatz dazu spielen in einem reinen Umsetzungsprojekt, das wenig kreativen Spielraum für die Teammitglieder erlaubt, die Macher und Umsetzer eine wichtigere Rolle als ein Visionär, der seine unorthodoxen Ideen einbringen möchte.

 

„Nobody is perfect – but a team can be.“ Meredith Belbin

 

Robert hat einen Plan: Für das anstehende Projekt stellt er anhand der ihm bekannten Kompetenzen und persönlichen Eigenschaften seiner Kollegen ein vorläufiges Kernteam zusammen. Darin finden die unterschiedlichsten Charaktere ihnen Platz:
So zum Beispiel Manfred, ein langjähriger Mitarbeiter im Wareneingang, der sowohl für seine Zuverlässigkeit als auch für seinen Perfektionismus bekannt ist und genau über die Anforderungen, die die Mitarbeiter an ein Zeiterfassungssystem haben, Bescheid weiß.
Oder auch Stephanie, die junge FH-Absolventin, die letzten September hoch motiviert und mit vielen neuen Ideen in der IT-Abteilung ihren ersten Job begonnen hat.

Robert weiß, dass die richtige Kombination verschiedener Teamrollen – gepaart mit dem notwendigen fachlichen Wissen – ein erfolgskritischer Faktor für sein Projekt ist. Deshalb wird er im Rahmen des Kick-off-Meeting seinen vorläufigen Projektteammitgliedern die Möglichkeit bieten, mit Hilfe eines Fragenbogens durch Selbsteinschätzung mehr über ihre persönlichen Stärken und Schwächen und die daraus resultierenden Teamrollen zu erfahren. Das wird seinen Projektteammitgliedern dabei helfen, sich von Anfang an gut in die Gruppe zu integrieren und ihren Beitrag zum Projekt, der den persönlichen Fähigkeiten entspricht, zu leisten.

Im Idealfall ergibt sich schon dann das Bild jenes Teams, das Robert für dieses Projekt für geeignet hält. Sollte die eine oder andere wichtige Teamrolle allerdings noch nicht abgedeckt sein, wird Robert hier das Kernprojektteam noch erweitern und somit mit den idealen personellen Voraussetzungen mit der Umsetzung des Projekts starten können.

 

“A team is not a bunch of people with job titles, but a congregation of individuals, each of whom has a role that is understood by other members.” – Meredith Belbin

 

Weiterführende Literatur / Links:

  • Meredith Belbin: Management Teams: Why they succeed or fail. Oxford 1996 (1st Edition, 2003 als 2nd Edition), Butterworth Heinemann.
  • Meredith Belbin: Team Roles At Work. Oxford 1993, Butterworth Heinemann.
  • belbin.de

 

Bilder © Belbin