Wie agil sind unsere Unternehmen wirklich?
Der Agilitätsbarometer zeigt auf, wo Unternehmen in Punkto Agilität stehen und macht dabei einige interessante Fehleinschätzungen sichtbar.
Der Wandel ist längst da. Seit 2011 hat sich die Nachfrage nach Robotern vervierfacht, 40 % der Arbeitsnehmer befinden sich bereits in atypischen Beschäftigungsverhältnissen und zwei Drittel der CEOs wissen, dass sie die Organisationsstrukturen in ihrem Unternehmen anpassen müssen, wollen sie auch weiterhin am Markt mitmischen.
Agilität ist für viele die vielversprechende Antwort auf eine Welt, die mit disruptiven Innovationen gleichermaßen aufhorchen lässt wie mit einer unglaublichen Veränderungsgeschwindigkeit und einer bedrohlichen Unsicherheit. Wie agil aber sind unsere Unternehmen bereits? Sind sie auch schon dort, wo sich er Wandel bereits befindet?
Antworten auf diese und andere spannende Fragen liefert das Agilitätsbarometer. Dazu wurden fast 3.000 Mitarbeiter und Führungskräfte aus Unternehmen in der DACH Region zum Thema Agilität befragt. „Agilität ist eines der relevantesten Ziele für Unternehmen geworden, um den Herausforderungen der digitalen Disruption zu begegnen – zumindest auf dem Papier. Und in der Realität?“ fragte sich einer der Auftraggeber der Studie, Jaochim Rotzinger, von der Haufe AG. „Wie agil sind Strukturen und Prozesse wirklich und wie agil führen Unternehmen ihre Mitarbeiter?“ waren dabei die zwei zentralen Fragestellungen der Studie. Die Ergebnisse lassen aufhorchen: Noch immer scheint sich hinter dem Begriff Agilität mehr guter Wille und Hype zu stehen als wirkliches Verstehen und Umsetzen!
Alle reden davon, aber keiner kann es erklären. Fragt man Führungskräfte nach der Bedeutung der Kernbegriffe agiler Methoden, erweist sich der Kenntnisstand als gering, so die Studienergebnisse. Design Thinking können gerade einmal 24 % der Befragten erklären, bei Scrum, Swarming oder Holokratie steigen die meisten aus. Entsprechend zeigt sich der Nutzungsgrad agiler Methoden: Gerade einmal 15 % der befragten Führungskräfte nutzen selbst agile Methoden. Bei den Mitarbeitern ist die Zahl noch geringer: neun von zehn Beschäftigten kommen nicht selbst in Kontakt mit solchen Methoden. Interessanterweise spiegelt sich diese Realität jedoch nicht in der Einschätzung des eigenen Unternehmens hinsichtlich Agilität: Gut zwei Drittel der Führungskräfte schätzen ihr Unternehmen etwas agiler oder sogar überdurchschnittlich agil im Vergleich zum Wettbewerb ein. Eine ähnliche Einschätzung zeigt sich bei den Mitarbeitern: 54 % bewerten ihr Unternehmen als überdurchschnittlich agil. Agilität scheint somit das Thema der anderen zu sein.
Generell bescheinigt die Studie den Unternehmen einen mittleren agilen Reifegrad. Während sich Agilität in Unternehmen bereits teilweise in konkreten Strukturen und Prozessen zeigt (z.B. sind unterjährige Zielanpassungen weit verbreitet oder wird Veränderungsfähigkeit in 60 % der Unternehmen als wesentliches Element der Strategie verstanden), sind andere für ein agiles Unternehmen wesentliche Komponenten tendenziell unterentwickelt: dazu gehören insbesondere kulturelle Themen wir eine positive Fehlerkultur, Werte, die Agilität ermöglichen oder weitreichende Entscheidungsspielräume. Eine vergleichbare Situation zeigt sich beim Thema Führung: immer noch beschreiben 46 % den Führungsstil ihres Vorgesetzten als hierarchisch. Und nicht nur das: damit hat die Verbreitung dieses Führungsstils im Vergleich zum Vorjahr sogar noch um 5 % zugenommen, während agile Führungsmodelle in ihrer Verbreitung gesunken sind. Diese Ergebnisse werden wiederum auch durch die Barrieren für den Wandel bestätigt: sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter geben an, dass der Wandel nicht an Technologien, sondern an etablierten Strukturen und unbeweglichen Mitarbeitern scheitert.
Dennoch: Trotz aller Hindernisse und Belastungen sind sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter bereit, einen Wandel im eigenen Unternehmen mitzutragen. Das zeigt auch ein deutlich positiver Zusammenhang zwischen der Agilitätseinschätzung des Unternehmens und dem Engagement der Mitarbeiter, der sich unter anderem auch in einer stärkeren Mitarbeiterbindung zeigt. So gesehen sollte man wohl sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter besser in dem Glauben lassen, sie wären schon sehr agil, wenn es sich letzten Endes in Engagement und Loyalität auswirkt. Dann hoffen wir einmal, dass das Agilitätsbarometer da kein Aha-Erlebnis auslöst.
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Haufe GmbH (2017): Agilitätsbarometer 2017. So agil sind Unternehmen in DACH. In: Personalmagazin Sonderausgabe 2017. Aufgerufen am 11.08.2018. https://zeitschriften.haufe.de/Downloads/Personal/Agilitaetsbarometer2017.pdf
Bertelsmann Stiftung (2018): Camp Q. Vortrag von Prof. Heike Bruch. Treiber und Killer guter Führung im digitalen Zeitalter. You Tube, Web. 25.05.2018, Aufgerufen am 11.08.2018, https://www.youtube.com/watch?v=xB_td0ioEWI