Autonomy rules – Agile Unternehmensorganisation als Erfolgsfaktor beim Streamingdienst Spotify

Mit rund 159 Millionen Nutzern ist Spotify aktuell einer der weltweit erfolgreichsten Streaming-Dienste für Musik, Videos und Hörbücher. Gleichzeitig gilt Spotify als Vorreiter und Paradebeispiel für skalierte agile Unternehmensorganisation.

Als im Jahr 2008 der erste Music Player auf den Markt gebracht wurde, war Spotify im Großen und Ganzen ein typisches „Scrum“-Start-up. Da Spotify aber bereits innerhalb der ersten Jahre stark wuchs und aus einem Team schnell eine große Anzahl an Teams wurde, waren viele der gängigen Scrum-Methoden nicht mehr geeignet. Deshalb wurde entschieden, diese nur mehr optional einzusetzen und stattdessen eine eigene Methode des agilen Arbeitens entwickelt, die stark von der Spotify-Unternehmenskultur sowie dem Prinzip der Autonomie geprägt ist.

Unter dem Motto „Rules are a good start, then break them when needed“ wurde diese neue, flexible Methode über die Prinzipien von Scrum gestellt und auch die bisher verwendete Terminologie über Bord geworfen: Der Scrum Master wurde in Agile Coach umbenannt und der Ausdruck Squad für die Bezeichnung des Teams verwendet.
Diese Squads sind kleine, interdisziplinär aufgestelltes Teams von nicht mehr als acht Personen, die sich selbst organisieren und dabei völlige Autonomie genießen. Jedes Squad hat eine „Long-Term-Mission“, also von Anfang bis Ende die volle Verantwortung für das, was es tut: Es gibt sowohl ein langfristiges Ziel, welches das Unternehmen als Ganzes betrifft, als auch interne Ziele, die sich nur auf das Projekt beziehen, an dem das Squad gerade arbeitet.

 

 

Völlige Autonomie bedeutet in diesem Fall, dass die Mitglieder eines Squads die Freiheit haben, immer selbst zu entscheiden, was hergestellt werden soll, wie es hergestellt wird und wie auf dem Weg zum Endresultat zusammengearbeitet wird. Die Mitglieder entscheiden so beispielsweise eigenständig über neue Funktionalitäten des Music Players, den Zeitplan für den Rollout und die Implementierung in das Gesamtprodukt. Groß angelegte Freigabeprozesse sind dabei nicht notwendig. Entscheidend ist nur, dass alles funktioniert – und möglicherweise auftretende Fehler schnellstmöglich behoben werden.

Für den Austausch zwischen den Squads sorgen bei Spotify die sogenannten Chapters. Jeder Entwickler ist Mitglied eines solchen Chapters, die sich in wöchentlichen Treffen über den Stand der Dinge und die Fortschritte in den anderen Squads abstimmen und dadurch auch Doppelarbeit vermeiden.

Die größte Organisationseinheit bei Spotify bezeichnen die Tribes: Sie umfassen jene Squads, die im gleichen Bereich arbeiten, und sind zuständig für jene Entscheidungen, die alle etwas angehen. Die Spezialisten stimmen sich auf dieser Ebene in regelmäßigen Treffen auch zu all den Themen ab, bei denen aus technischen Gründen ein Konsens notwendig ist.

Natürlich hat die die Autonomie bei Spotify auch ihre Grenzen: Die Entscheidungen der Squads, Chapters und Tribes müssen selbstverständlich mit den langfristigen Unternehmenszielen, den internen Zielen, der Produktstrategie und anderen kurzfristigen Zielen übereinstimmen, die jedes Quartal überprüft werden.

 

Warum ist Autonomie für erfolgreiches Arbeiten so wichtig?

Ganz einfach: Weil es Grundbedürfnis ist das zur Motivation beiträgt. (Mehr dazu in unserem Blogbeitrag)  Und motivierte Mitarbeiter bringen bekanntlich bessere Leistungen. Autonomie ermöglicht außerdem schnelles Handeln, da anstehende Entscheidungen lokal in den Squads getroffen werden können, anstatt dafür viele Hierarchiestufen durchlaufen zu müssen. Es darf das getan werden, was die Mitglieder gemeinsam entscheiden. Das ermöglicht Wachstum – ohne blockierende Abhängigkeiten und mühsame Koordinationsprobleme.

Völlig autonom sind die Squads auch in der Auswahl der von ihnen verwendeten Tools und Prozesse. Bei Spotify gibt es keine strengen Vorgaben oder Standards: Jedes Squad kann mit jeder agilen Methode arbeiten, egal ob Scrum, Kanban etc. Erweist sich ein System in der Praxis jedoch als besonders effektiv, wird dieses in der gesamten Organisation verbreitet und so lange genutzt, wie es sich als sinnvoll und hilfreich erweist.

Eng verbunden mit dem autonomen Arbeiten ist bei Spotify die Kultur der Anerkennung – ein weiterer Faktor, der sicherlich auch durch autonomes Arbeiten unterstützt wird und zu einer angenehmen Atmosphäre im Unternehmen beiträgt.  Die Mitarbeiter bringen sich gegenseitig großen Respekt entgegen, ermutigen sich, immer mehr zu erreichen und stetig besser zu werden – dazu leisten sie aber auch stets selbst ihren persönlichen Beitrag.

Agiles Arbeiten, eine große Portion Autonomie und Anerkennung – durch den konsequenten und gleichzeitig kreativen Einsatz von agilen Arbeitsweisen hat es Spotify in wenigen Jahren nicht nur vom kleinen Start-up zum großen Player geschafft, sondern ist ein eindrucksvolles Beispiel für das, was Agilität heißt und leisten kann. Spotify hat in zwei 13-minütigen Videos ihren Ansatz, ihre Struktur und ihre Kultur zusammengefasst. Für alle, die sich mit Agilem Arbeiten auseinandersetzen lohnt es sich die 26 Minuten zu investieren.