Wie Sie mit Hilfe von professionellem Ressourcenmanagement Über- und Unterkapazitäten vermeiden, Überlastungen der Mitarbeiter verringern und damit die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen und Projektziele erreichen können.
Personalressourcen sind in vielen Projekten und Abteilungen die kostenintensivste Ressource. Hinzu kommt, dass besonders „wertvolle“ Mitarbeiter häufig mit einer sehr hohen Arbeitsbelastung kämpfen, was einerseits die Gefahr einer Überbeanspruchung dieser birgt und andererseits einen strategisch sinnvollen Einsatz dieser Engpassressourcen notwendig macht. Professionelles Ressourcenmanagement ist daher doppelt erfolgskritisch für ein Unternehmen: Zum einen ist die entsprechende Bereitstellung von Ressourcen die Voraussetzung für die Zielerreichung in Projekten und zum anderen kann es die Mitarbeiter vor chronischen Überlastungen und langen Ausfällen schützen. Warum die Einführung von Ressourcenmanagement trotzdem häufig von Widerstand begleitet wird und welche Voraussetzungen ein Unternehmen schaffen muss, um Ressourcen professionell zu managen, erklärt dieser Artikel.
- Wer hat in Ihrem Unternehmen Überblick über die Ressourcen?
- Wer steuert diese Ressourcen?
- Wie wissen Sie, ob es noch Kapazitäten für ein anstehendes neues Projekt gibt?
- Wer stellt sicher, dass es zu keinen langfristigen Überlastungen der Mitarbeiter kommt?
Herausforderung Ressourcenmanagement
Das Management von Humanressourcen in Unternehmen ist ein emotional behaftetes Thema, das sich sofort gegen den Vorwurf der Personalüberwachung verteidigen muss. Professionelles Ressourcenmanagement bringt immer ein Mehr an Transparenz, das viele Mitarbeiter und Führungskräfte anfänglich mit Kontrolle gleichsetzen.
Ressourcenmanagement (RM) in einer projekt- und prozessorientierten Organisation meint das Planen und Steuern von Ressourcen in einer Organisationseinheit oder im gesamten Unternehmen. Dabei werden sowohl die verplanten Ressourcen in den Projekten als auch die verfügbaren Ressourcen in der Linie erhoben und auf Projektportfolioebene gegenübergestellt. Ziel ist es, die Ressourcen nach strategischen Gesichtspunkten optimal zu steuern, Ressourcenengpässe (freie Kapazitäten) frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig Steuerungsmaßnahmen einzuleiten.
Nutznießer eines professionellen Ressourcenmanagements sind nicht nur die Unternehmen, die dadurch Ziele eher erreichen und Kosten einsparen können, sondern auch der Mitarbeiter selbst. In Zeiten von Burn-out stellt ein professionelles Ressourcenmanagement die effiziente Steuerung der Ressourcen sicher und kann so eine quantitative Überlastung von Mitarbeitern verhindern.
Eine weitere Herausforderung bei der Optimierung des Ressourcenmanagements im Unternehmen ist die Komplexität. Für eine optimale Nutzung der verfügbaren Ressourcen im Unternehmen bedarf es der Erhebung der sowohl in Projekten als auch in der Linie gebundenen Ressourcen. Dies erfordert eine Zusammenarbeit der Projekt- und Linienwelt. Während die Projektleiter um notwendige Ressourcen ansuchen, ist es Aufgabe der Linienverantwortlichen, über die Auslastung ihrer Mitarbeiter Bescheid zu wissen, damit auf Ebene des Portfoliomanagements realistische Aussagen über den Ressourcenstatus gemacht werden können. Professionelles Ressourcenmanagement ist damit nicht die Sache einer einzelnen Abteilung oder einiger Projekte, sondern zumindest eine organisationsweite, häufig unternehmensweite Angelegenheit (Abb. 1).
Voraussetzungen für ein professionelles Management der Ressourcen
Eine professionelle Steuerung der Unternehmensressourcen setzt die Zusammenarbeit von Projekt- und Linienverantwortlichen voraus. Zusammenarbeit bedeutet in einem ersten Schritt das Finden eines gemeinsamen Detaillierungsgrades. Werden die Ressourcen auf Abteilungs-, Team-, Kompetenz- oder Mitarbeiterebene geplant? Während die Genauigkeit mit dem Grad der Detaillierung steigt, ist jedoch auch die Umsetzbarkeit nicht außer Acht zu lassen.
Planen Sie Ressourcen auf jener Ebene, auf der sie im Unternehmen üblicherweise gesteuert werden! Liegt die Ressourcenverantwortung in Ihrem Unternehmen bei den Teamleitern, dann sollte auch das Ressourcenmanagement auf Teamebene erfolgen.
Eine weitere Voraussetzung für eine funktionierende Zusammenarbeit ist die Harmonisierung der drei Ebenen des Ressourcenmanagements (Projekt-, Linien- und Portfolioebene). Auf Portfolioebene kann nur gesteuert werden, was in den Einzelprojekten geplant wird, und Projekte können nur verantwortungsvoll beauftragt werden, wenn Linienverantwortliche eine Auskunft über die Projektverfügbarkeit ihrer Mitarbeiter geben können. Das heißt, wenn Projekt- und Linienverantwortliche ihre Hausaufgaben, eine professionelle Ressourcenplanung und regelmäßiges Ressourcencontrolling, nicht wie vereinbart durchführen, stehen den Portfolioverantwortlichen keine realistischen Zahlen zur Verfügung, um das Unternehmensportfolio entsprechend steuern zu können. Professionelles Ressourcenmanagement benötigt daher:
- Ressourcenplanung und -controlling in den Projekten
- Ressourcensteuerung der Kapazitäten in den Abteilungen
- Strategische und operative Projektportfolio-Steuerung durch ein Entscheidergremium (Projektesteuerkreis)
Ressourcenmanagement auf allen drei Ebenen
1. Planung der Ressourcen in den Projekten
Für ein professionelles Management von Projekten ist eine Planung der erforderlichen Ressourcen unumgänglich. Wie kann der Endtermin eines Arbeitspaketes realistisch geschätzt werden, wenn nicht bekannt ist, ob die dafür notwendigen Ressourcen verfügbar sind? Voraussetzung dafür ist die Planung der Leistungen in Form von Arbeitspaketen im Projektstrukturplan sowie die terminliche Planung der Arbeitspakete im Balkenplan. Daran anschließend können die Arbeitspaket-Verantwortlichen die benötigten Ressourcen ihrer Arbeitspakete kalkulieren (Abb. 2). Wichtig ist eine realistische Planung (keine versteckten Puffer!). Nun ist es dem Projektleiter möglich aufzuzeigen, wann das Projekt wie viele Ressourcen benötigt.
Um das Projekt steuerbar zu halten, muss neben der Planung auch ein regelmäßiges Controlling der Ressourcen stattfinden. Dort werden die Ist-Stunden erhoben, die Restaufwände geschätzt und ein Soll-Ist-Vergleich durchgeführt (Abb. 3). Obwohl in der Praxis meist angewandt, ist die Effizienz dieses Controllings häufig mittelmäßig. In vielen Projekten werden im Rahmen der Controllingzyklen zwar die bereits verbrauchten Ressourcen (Ist-Stunden) dokumentiert, allerdings wird nicht erhoben, wie viele Ressourcen zur Fertigstellung des Arbeitspaketes, der Phase oder des Projektes noch notwendig sind. Diese noch notwendigen Ressourcen entsprechen nämlich nicht immer den noch budgetierten Personenstunden. Allerdings kann nur durch diese Methode sichergestellt werden, dass Ziele und Termine planmäßig erfüllt werden können.
Im Sinne einer unternehmensweiten Ressourcenplanung muss auf Einzelprojekt-Ebene der beschlossene Detaillierungsgrad angewandt werden. Wurde entschieden, das Ressourcenmanagement auf Teamebene durchzuführen, müssen die Planstunden pro Team und pro Arbeitspaket erstellt und aktualisiert werden. Bei Verschiebung von Arbeitspaketen und damit verbundenen Änderungen des Ressourcenbedarfs muss sich der Ressourcenverantwortliche darauf verlassen können, dass der Projektleiter auf ihn zukommt und sich mit ihm abstimmt.
2. Planung der Ressourcen in der Linie
Die zunehmende Projekttätigkeit von Mitarbeitern stellt die Ressourcenverantwortlichen in der Linie vor neue Herausforderungen. Während Mitarbeiter vor einigen Jahren noch meist mit Linienaufgaben beschäftigt waren, erhöht die Vielzahl von Projekten in Verbindung mit der starken Verbreitung der Matrixorganisation die Komplexität der Ressourcensteuerung erheblich. Als Konsequenz haben viele Organisationen die Übersicht über ihre Ressourcen verloren und kämpfen mit ständigen Ressourcenengpässen. Voraussetzung für ein übergeordnetes Ressourcenmanagement ist die Erhebung der Projektverfügbarkeit.
Die Projektverfügbarkeit ist jener Anteil an der Kapazität eines Mitarbeiters, der für Projekte zur Verfügung steht. Dafür wird der Mitarbeiter mit den verfügbaren Stunden (Personentage) pro Monat (Kalenderwoche) eingeplant. Im Anschluss werden Überstunden ergänzt und Urlaube sowie Krankenstände abgezogen. Danach werden die Linientätigkeiten eingeplant. Der Rest ist die Projektverfügbarkeit (Abb. 4)
Der Ressourcenverantwortliche sollte einen Überblick über seine Mitarbeiterressourcen haben und eine Aussage treffen können, wann welcher Mitarbeiter mit Linienaufgaben beschäftigt bzw. für Projekte verfügbar ist.
Diese Werte auf Mitarbeiterebene werden beispielsweise auf Teamebene verdichtet und dem Portfoliomanagement geliefert. Daran anschließend werden den Mitarbeitern die konkreten Projekte zugewiesen und Über- bzw. Unterdeckungen der Kapazitäten identifiziert. Das ist die Basis für eine professionelle Ressourcenplanung in der Abteilung. Die Verantwortung der Ressourcenplanung liegt je nach Organisation und Position meist bei dem Ressourcenverantwortlichen oder auch beim Mitarbeiter selbst. Steuert der Mitarbeiter seine Ressource selbstständig (dies ist z. B. in der Forschung sehr häufig der Fall), übernimmt der Personalverantwortliche die Steuerung nur bei Ressourcenkonflikten oder -überlastungen.
Wie bei der Ressourcenplanung auf Projektebene ist auch hier der definierte Detaillierungsgrad anzuwenden. Wurde Teamebene vereinbart, muss der Ressourcenverantwortliche dem Portfoliomanagement melden, wie viele Personentage (Personenstunden) des jeweiligen Teams pro Monat (Woche) für Projekte verfügbar sind. Der Ressourcenverantwortliche selbst muss allerdings auf Mitarbeiterebene planen, um seine Mitarbeiter entsprechend steuern zu können.
3. Zusammenführung auf Ebene des Portfoliomanagements
Das Portfoliomanagement spielt beim unternehmensweiten Ressourcenmanagement eine zentrale Rolle: Hier werden die Ressourcenbedarfe aus den Projekten den Ressourcenverfügbarkeiten aus der Linie gegenübergestellt (Abb. 5).
Entsprechend ist das Portfoliomanagement für ein Unternehmen von großer strategischer Bedeutung, da hier Über- und Unterlastungen der Unternehmensressourcen erkannt werden und dadurch die Basis für strategisch wichtige Steuerungsentscheidungen gelegt werden kann. Eine dieser sehr wesentlichen Entscheidungen ist die Auswahl und Priorisierung von neuen Projekten. Hat ein Unternehmen das Portfoliomanagement professionell aufgesetzt, so werden im Projektbeauftragungsprozess Projektanträge hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit geprüft. Wesentliches Kriterium ist neben der strategischen Bedeutung, der Wirtschaftlichkeit etc. die Ressourcenverfügbarkeit, also die Aussage, ob die für das Projekt notwendigen Ressourcen bereitgestellt werden können.
Auch bei der Steuerung des bestehenden Projektportfolios spielt das Ressourcenmanagement eine wesentliche Rolle. Werden dem Portfoliomanagement beispielsweise monatlich die aktuellen Projektdaten geliefert, können mit Hilfe von Auswertungen der Portfoliodaten bestehende oder sich ankündigende Ressourcenengpässe erkannt und entsprechend im Vorfeld (also präventiv und nicht erst reaktiv) darauf reagiert werden (Abb. 6). Ähnlich verhält es sich, wenn einzelne Projekte mit Problemen (z. B. Terminverzögerungen) zu kämpfen haben. Liegen aktuelle Zahlen über die Ressourcen vor, können Portfolioverantwortliche entscheiden, ob Projekten zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden sollen oder Termine verschoben werden müssen.
In der projekt- und prozessorientierten Organisation ist dieses Steuergremium auf Portfolioebene der sogenannte Projektesteuerkreis (Abb. 7). Ein Projektesteuerkreis setzt sich aus ausgewählten Linienverantwortlichen zusammen, die zum einen die Sicherstellung der Linientätigkeiten verantworten UND zum anderen das Projektportfolio steuern, also neue Projekte beauftragen bzw. die laufenden Projekte priorisieren. Ein Projektesteuerkreis ist demnach jene notwendige Instanz, die die Linien- und Projektwelt im Sinne des Gesamtunternehmens vereint.
Strategisches vs. operatives Ressourcenmanagement
Ganz wichtig für ein funktionales und praxisorientiertes Ressourcenmanagement ist die Differenzierung von strategischem und operativem Ressourcenmanagement (Abb. 8).
Auf Projektportfolio-Ebene wird aufgrund der Gegenüberstellung von geplanten Ressourcen in den Projekten und Verfügbarkeiten aus der Linie das Projektportfolio übergeordnet gesteuert (strategisches Ressourcenmanagement). Das bedeutet, es werden bei Ressourcenengpässen Projekte priorisiert, temporär gestoppt, terminlich verschoben oder zusätzliche Ressourcen organisiert.
In der Praxis kommen aber viele kleine Abweichungen zustande, entweder auf Projektebene (z. B. Arbeitspakete verschieben sich um eine Woche) oder in der Linie (Mitarbeiter hat erst eine Woche später als geplant Zeit, sein Arbeitspaket abzuarbeiten). Diese Abstimmungen können nicht auf Projektportfolio-Ebene diskutiert werden, sondern erfolgen direkt zwischen dem Projektleiter (oder Projektteammitglied) und dem Linienverantwortlichen (operatives Ressourcenmanagement). Erst bei Ressourcenkonflikten ist das Projektportfoliomanagement einzubinden (Eskalation).
Zusammenfassung
Professionelles Ressourcenmanagement ist mehr denn je erfolgskritisch für ein Unternehmen: Zum einen erhöht die zunehmende Projekttätigkeit die Komplexität des Ressourcenmanagements in Unternehmen und macht eine zentrale Steuerung notwendig. Zum anderen erlaubt es der wirtschaftliche Druck kaum einem Unternehmen, Ressourcen nicht zielgerichtet und strategisch sinnvoll einzusetzen. Erfolgreiche Unternehmen wissen, wo ihre Ressourcen im Einsatz sind. Sie steuern aktiv alle im Unternehmen verfügbaren Ressourcen mit dem Ziel, diese effizient einsetzen zu können. Eine Zusammenarbeit verschiedener Unternehmensbereiche ist dafür unbedingt erforderlich: Auf Projektebene müssen Ressourcen entsprechend dem definierten Detaillierungsgrad geplant und controlled werden, in der Linie sind die Projektverfügbarkeiten zu erheben, und auf Ebene des Portfoliomanagements sind die verplanten Ressourcen den verfügbaren Kapazitäten gegenüberzustellen und entsprechend zu steuern. Sind diese drei Ebenen harmonisiert, kann das Portfolio eines Unternehmens professionell und strategiekonform gesteuert werden.
Checkliste Ressourcenmanagement
- Wurde definiert, wie detailliert die Ressourcen in den Projekten und der Linie geplant werden sollen (Mitarbeiter-, Team-, Abteilungsebene)?
- Werden Ressourcen in den Projekten auf Arbeitspaket-Ebene geplant und controlled?
- Wird in der Linie die Projektverfügbarkeit erhoben?
- Gibt es eine zentrale Stelle auf Ebene des Portfoliomanagements (Projektesteuerkreis), die für Projekte erforderliche Ressourcen den verfügbaren Kapazitäten gegenüberstellt?
- Werden Ressourcenbedarfe und Projektverfügbarkeiten regelmäßig an das Portfoliomanagement gemeldet?
- Reagiert das Portfoliomanagement bei Ressourcenüber- bzw. -unterlastungen und setzt es steuernde Maßnahmen?
- Wird die Ressourcensituation bei der Projektbeauftragung mitberücksichtigt?
- Haben Sie in Ihrem Unternehmen einen (oder mehrere) Projektesteuerkreis(e) zur Steuerung des Projektportfolios installiert?
- Haben die Mitarbeiter eine vernünftige Work-Life-Balance und sind die Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Kapazität weder unter- noch überfordert?
Quelle
Sterrer, Christian (2014): DDas Geheimnis erfolgreicher Projekte – Kritische Erfolgsfaktoren im Projektmanagement – Was Führungskräfte wissen müssen — Springer Verlag. Kapitel 4, S. 39-49.