Systematische Innovation – Reinvent the way you think

„Mich hat es einfach genervt, dass sich hochbezahlte, top ausgebildete Menschen oft damit schwertun, etwas Neues zu entwickeln.“ Mit diesen Worten eröffnete der Innovationsexperte Dr. Tobias Adam seinen Vortrag beim Münchner Projektmanagement-Stammtisch.

Auf spannende Art und Weise erzählte er davon, was Innovationsmanagement für Unternehmen bedeutet, wie man das Thema am besten angeht und welche ungewöhnlichen Methoden wirkungsvoll zum Ziel führen können.

Schon im Jahr 2007 begann Tobias Adam, sich intensiv mit dem Thema Innovationsmanagement auseinanderzusetzen. „Das Thema Innovation wird in Deutschland von vielen Menschen gleichgesetzt mit Ich kann es anfassen. Es wurde von einem hochqualifizierten Ingenieur entwickelt und wenn es mir auf den Fuß fällt, dann tut das weh“, erzählt er. Doch der Innovationsbegriff geht deutlich weiter: Mit seiner Expertise unterstützte Adam Unternehmen bereits in den unterschiedlichsten Bereichen von der Kostensenkung in Betrieben über die Optimierung der Fertigung, neuer Technologien, der HR Prozesse oder Services bis hin zu Joint Venture Strategien und Digitalisierung.

Was war für den Experten für Innovationsmethoden nun aber der Anlass, bei einem Projektmanagement-Stammtisch über sein Tätigkeitsfeld zu berichten? „Projektmanagement hat sehr, sehr viel mit Innovation zu tun, denn auch in Projektsituationen müssen stets Probleme gelöst, Antworten auf unbequeme Situationen gefunden oder etwas Neues entwickelt werden.“ – Und das umreißt für Tobias Adam bereits all die Kernelemente des Themas Innovation.


Innovativ sein wollen wir doch alle – doch wie packt man das Thema richtig an?


Die Reaktion auf neue Ideen ist leider in vielen Unternehmen die gleiche: Meistens wird im Vorfeld schon „vorsorglich“ abgeblockt. Kommentare wie „Das haben wir so noch nie gemacht“ oder „Das funktioniert bei uns doch sicher nicht“ werden schnell laut, wenn es darum geht, etwas Neues umzusetzen, und lassen den Innovationsgedanken bereits im Keim ersticken. „Wir haben natürlich unsere Komfortzone“, erklärt Tobias Adam. „Da sehen wir den Weg und wissen, wo die Reise hinführt. Wir müssen uns nicht verbiegen oder verändern, und deshalb fällt es uns so schwer, diese zu verlassen.“ Die kreativen Ideen liegen aber nicht auf ausgetretenen Trampelpfaden, sondern abseits davon.

Innovativ zu sein, wird uns Menschen aber schon allein aus physiologischer Hinsicht erschwert: Während sich die Welt da draußen immer mehr und immer schneller verändert, hinkt das menschliche Gehirn der technischen Evolution leider nach und befindet sich auf dem gleichen Stand wie vor 200.000 Jahren. Damals war es für das Überleben wichtig, in kurzer Zeit Situationen zu erfassen und schnell zu entscheiden. Diese Art der Informationsverarbeitung ist in unserem Gehirn nach wie vor dominant. Das erschwert es schon rein physiologisch, innovativ zu sein. „Irgendwie wollen wir uns ja verändern, aber wir trauen uns dann doch nicht so richtig, weil unser Gehirn lieber schnell den alten, gewohnten Mustern folgen will.“

Dazu kommt, dass auch unsere Erfahrung und unser Wissen einen besonderen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und somit auch auf einen möglichen Nährboden für Innovation haben. „Wenn wir meinen, etwas zu sehen, was wir schon einmal gelernt haben, greifen wir der Einfachheit halber auf diesen Wissensbaustein zurück, anstatt die Situation sorgfältig zu überprüfen.“ Das hilft uns einerseits dabei, dass wir uns nicht jeden Tag dieWelt völlig neu erklären müssen. Andererseits wird dadurch in manchen Situationen vorschnell geurteilt und verhindert, sich genauer mit einem Problemzu beschäftigen. Und selbst wenn ein Problem als solches erkannt wird: Unbewusstgeht der Mensch immer zuerst auf jenen Teil des Problems zu, in dem er sichnoch am meisten wohlfühlt und den er am ehesten als lösbar erachtet – also auchhier werden innovative Gedanken hinten angestellt.

Einen engen Zusammenhang mit diesem Phänomen hat das Prinzip der „funktionalen Fixierung“. In unseren Breitengraden wird ein erfolgreicher Verkäufer gern mit den Worten „der kann sogar einem Eskimo einen Kühlschrank verkaufen“ beschrieben. Dass ein Kühlschrank für einen Eskimo aber sehr wohl auch Sinn machen kann, weil er nicht nur kühlt, sondern aufgrund seiner Isolierung selbst ohne Strom dafür sorgt, dass Lebensmittel bei arktischen Temperaturen nicht einfrieren, kommt uns bei diesem Vergleich nicht sofort in den Sinn. „Diese funktionale Fixierung versperrt uns den Blick auf das, was ein Produkt über seine eigentliche Funktionalität hinaus noch leisten könnte“, erklärt Tobias Adam. Die Einschränkung des Blickwinkels lässt sich ganz einfach erklären: Den Erwachsenen wurde bereits eine umfangreiche Ausbildung zuteil, was dazu führte, dass sie sich primär  auf der sachlogischen Ebene bewegen. Alles muss auf den ersten Blick Sinn ergeben, erklärbar und nachvollziehbar sein. Kreativ zu sein fällt immer schwerer, sobald man dem Kindesalter entwächst. „Nur durch die Veränderung des eigenen Blickwinkels und indem wir das etablierte Wissen systematisch infrage stellen, können wir Erwachsenen Innovation passieren lassen.“


Vergesst „outside the box“ – wir denken inside the box!


MacGyver hat es schon vor Jahrzehnten eindrucksvoll vorgemacht: Limitierungen fördern die Kreativität! Aus dem Vorhandenen das Meiste herauszuholen macht erfinderisch! Diesen Effekt kann man auch bei Kindern beobachten, die kein klassisches Spielzeug zur Verfügung haben, aber mit den einfachsten Mitteln wie Papier und Stift kreativ werden und etwas Tolles zu basteln beginnen.

„Wenn wir uns immer darauf verlassen, dass da draußen ohnehin schon irgendwo eine Technologie existiert, die unser Problem löst, setzen wir uns mit dem Problem gar nicht richtig auseinander“, weiß Tobias Adam. „Wir haben bereits eine Vorstellung, wie etwas funktioniert, und suchen dazu die passende Antwort. Das ist nicht kreativ.“ Genauso wenig sei es zielführend, den Kunden nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen. „Der Kunde kennt ja auch nur sein eigenes Problem, das er gelöst haben will. Auf welche Art und Weise das geschieht, und damit beim Kunden darüber hinaus auch immer wieder neue Bedürfnisse und Begehrlichkeiten entstehen, dafür sind die Unternehmen als Innovatoren selbst verantwortlich!“


Abb. Tobias Adam vertritt einen Innovationsansatz, der von den traditionellen Ansätzen abweicht


Weniger ist alles: Das Innovationsmuster der Subtraktion


Was haben ein Staubsauger von Dyson, die Billigfluglinie Ryanair und eine Kontaktlinse gemeinsam? Was auf den ersten Blick als völlig willkürlich zusammengewürfelt erscheint, verdeutlicht auf den zweiten Blick sehr eindrucksvoll das Innovationsmuster der Subtraktion. Hier wurde überall auf etwas scheinbar Essenzielles verzichtet: Dyson erfand eine Staubsauger-Technologie, die ohne Staubbeutel auskommt – für den Geschäftsführer einer anderen Staubsauger-Firma ein völlig absurder Gedanke, da schließlich auch mit den immer wieder neu benötigten Staubbeuteln ein beträchtlicher Zusatzumsatz geniert wird! Ryanair verzichtet konsequent auf den Service, der bei anderen Fluglinien selbstverständlich ist und keinesfalls in Frage gestellt wird, und bei der Kontaktlinse konzentrierte man sich ganz auf das Wesentliche, indem man die Sehhilfe direkt im Auge platziert – ganz ohne auffällige Gläser und Brillengestell.


Abb. Das Hinzufügen neuer Eigenschaften oder Funktionen eines Produktes ist kein nachgewiesenes Innovationsmuster – zielführender ist es, etwas wegzulassen und die dadurch entstehenden neuen Vorteile zu identifizieren.

So paradox es erscheinen mag: Das Hinzufügen neuer Eigenschaften oder Funktionen eines Produktes ist kein nachgewiesenes Innovationsmuster – deshalb ist es zielführender, etwas Bestehendes und auch bisher als unverzichtbar Erachtetes zu entfernen. „Suchen Sie sich bei ihrem Produkt oder bei Ihrem Service eine wesentliche Komponente, einen wesentlichen Prozessschritt aus – genau das, wo Sie intuitiv sagen würden, das packe ich nie an, das ist der Kern meines Angebotes. Genau das lassen Sie weg!“ empfiehlt Tobias Adam.

Etwas, das immer da war und im Grunde auch gut funktioniert, radikal zu eliminieren, erscheint auf den ersten Blick völlig widersinnig und arbeitet in vielen Fällen sogar scheinbar gegen das eigene Geschäft, jedoch eröffnet genau dieses Weglassen ganz neue Perspektiven und Chancen: Neue Eigenschaften eines Produktes, die einen neuartigen Nutzen für den Anwender bieten, kommen zum Vorschein, noch nie gesehene Vorteile eines Services werden plötzlich augenscheinlich und erlauben es, sich von Mitbewerbern zu differenzieren.

Wir sind allerdings schnell verleitet, das Entfernte sofort wieder durch etwas anderes ersetzen zu wollen. Der richtige Weg ist es aber, die neu entstandene „Lücke“ erst einmal zu belassen und diese virtuelle Situation danach zu bewerten, was daran gut ist. Erst wenn diese sorgfältig durchdacht und wertsuchend herangegangen wurde und sie auch aus anderen Blickwinkeln betrachtet wurde, kann über einen Ersatz nachgedacht werden. Im ersten Schritt idealerweise durch etwas, was bereits vorhanden ist – erst dann sollte der Blick „outside the box“ gerichtet werden.

„Ich verspreche Ihnen, dass Sie da draußen plötzlich nach ganz anderen Dingen suchen werden, weil Sie auf dem Weg dorthin bereits ganz andere Impulse gesammelt haben.“ Und mit einem Auftrag an die Besucher des Projektmanagement-Stammtisches schließt Tobias Adam seinen Vortrag: „Sie können das Innovationsmuster der Subtraktion gleich morgen anwenden! Rechnen Sie damit, dass Sie am Anfang vielleicht etwas komisch angeschaut werden und der von Ihnen neu eingeschlagene Weg anfangs ungewöhnlich erscheinen mag. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen. Der Erfolg wird Ihnen Recht geben.“



Dr. Tobias Adam ist ein erfahrener Innovationsexperte, Sprecher und Dozent mit umfassenden nationalen und internationalen Projekterfahrungen in unterschiedlichen Branchen. Als Innovationsspezialist führt er Innovationsprojekte durch, erstellt kundenindividuelle Innovationsworkshops, gestaltet und hält Seminare zum Thema Innovationsmanagement und entwickelt darüber hinaus neue Beratungsangebote sowie kundenspezifische Innovationsprogramme.

Seine Erfahrungen sammelte er unter anderem bei Projekten in den Branchen Öl & Gas, Pharma, Chemie, Luftfahrt, High Tech und Fertigungswirtschaft. Er half dabei nicht nur bei der Entwicklung innovativer Produkt- und Servicekonzepte, sondern beispielsweise auch bei der Ausarbeitung und Gestaltung neuer Geschäftsmodelle und der Optimierung von Fertigungs- und Serviceprozessen.

Nähere Informationen: Magnifyinnovation.com