Vereinbarkeit – wie machen das die Papas bei Setting Milestones?

3 Tage Hamburg, 2 Tage Wien und ein Wochenendseminar am Wolfgangsee. Wie funktioniert Vereinbarkeit als Berater und Trainer? Zum Vatertag haben wir mit den Papas bei Setting Milestones über Schlafmangel, Online-Workshops mit Kind auf dem Arm, Vereinbarkeit und ihre schönsten Daddy-Momente gesprochen.

Nach 8 Monaten Papa-sein, konntet ihr euch in eurer Vaterrolle vermutlich schon ein wenig warmlaufen. Was hat sich in eurem Leben seit der Geburt eurer Kinder verändert?

Jonathan: Eigentlich so ziemlich alles. Die Tagesroutine wird jetzt von unserem Kleinen bestimmt. Tagwache beginnt, wenn er munter wird, Freizeitaktivitäten richten sich nach deren Baby-Tauglichkeit und generell gilt: His needs first!

Philip: Bei mir hat sich die Literatur geändert. Plötzlich stehen nur noch Baby- und Kinderbücher im Regal. Ich kenn sie mittlerweile alle: von den Klassikern von Remo Largo über „Oje, ich wachse“ bis hin zum Jesper Juul und Gerald Hüther Bestseller „Erziehen mit Herz und Hirn“. Außerdem mache ich jetzt regelmäßig einen Mittagsschlaf – es gibt nichts Erholsameres als einen Powernap mit Baby am Bauch.

Ihr genießt aufgrund eurer Selbständigkeit relativ viel Flexibilität in der Gestaltung eurer Arbeit. Sie ermöglicht euch Annehmlichkeiten wie einen Mittagsschlaf mit Kind. Andererseits seid ihr regelmäßig einige Tage am Stück vor Ort bei Kunden. Wie geht’s euch damit? Quält euch dann das schlechtes Gewissen oder genießt ihr den Tapetenwechsel?

Chris: Das Wegsein fordert schon hin- und wieder. Von Zeit zu Zeit bin ich auch am Wochenende weg oder ich versäume z.B. eine Turn-Aufführung meiner Großen oder andere wichtige Momente, bei denen ich gerne dabei gewesen wäre. Das ist natürlich nicht schön. Dafür freut es mich umso mehr, dass ich es war, der meiner Größeren Schwimmen und Fahrradfahren beigebracht hat.




Jonathan: Für mich war das Wegfahren vor der Geburt meines Sohnes auch einfacher. Jetzt versuche ich zumindest meine Frau vor meiner Abwesenheit so gut es geht zu unterstützen. Ich mach dann zum Beispiel noch einen Großeinkauf. Und ich videotelefoniere jeden Tag mit Kilian.

Philip: Dabei beschwert sich meine Frau immer, dass ich nur mit meiner Tochter spreche.

Hat das Thema Vereinbarkeit durch eure Vaterschaft eine neue Dimension bekommen? Empfindet ihr Vereinbarkeit jetzt persönlich als Herausforderung?

Philip: Ich denke, wir können die Frage sicher nicht repräsentativ beantworten. Wir waren alle drei nicht in Elternzeit, keiner von uns kennt die Herausforderungen des Wiedereinstieges und wir können, wenn es Spitz auf Knopf läuft, alle Termine wahrnehmen, weil unsere wunderbaren Frauen den Laden daheim schaukeln.

Ich habe den Wunsch, meine Vaterrolle gut wahrzunehmen – und das spießt sich natürlich immer wieder einmal mit den Ansprüchen meiner Arbeit. Insofern würde ich die Frage mit „ja“ beantworten – Vereinbarkeit ist eine Herausforderung.

Philip Borbely, Managing Partner Setting Milestones

Chris: Ich habe mir dafür vor allem 2 Dinge angewohnt: Wenn ich unterwegs bin, versuche ich die Zeit so gut es geht zu nutzen. Da arbeite ich häufig auch bis spät in die Nacht. Es hilft mir aber, in der Zeit zu Hause wirklich für die Familie da sein zu können. Das funktioniert aber auch nur – und das ist meine zweite Prämisse – wenn ich mir Tage für die Familie wirklich ausblocke. Kein „nur schnell ein Meeting“ oder „das noch kurz fertigmachen“. Da gibt es den Chris dann nur als Papa.

Habt ihr in eurer Vaterrolle etwas gelernt, das ihr auch beruflich nutzen könnt?



Chris: Papa sein hat auch wahnsinnig viel mit Vorleben zu tun. Wenn ich will, dass die Kinder „Bitte“ und „Danke“ sagen oder freundlich grüßen, dann muss ich das auch selbst tun. Und zwar nicht hin und wieder, sondern immer. Kinder sind unglaublich gute Beobachter – die merken alles! Die Dimension dieser Vorbild-Rolle ist mir durch die Kinder noch einmal neu bewusst geworden.

Meine Vorbildrolle als Papa lässt sich auch wunderbar auf die Vorbildrolle von Projektleiter:innen übertragen. Wenn wir als Projektleiter:innen wollen, dass Spielregeln eingehalten werden, dann müssen wir das auch selbst tun. Auch Projektmitarbeitern entgeht nichts!

Christian Rinner, Managing Partner Setting Milestones

Philip: Ich habe wieder neu gelernt, dass das Vertrauen in mein Gegenüber zielführender ist als das Festhalten an meinen Plänen.  Egal wie valide die Entwicklungstabelle bestimmte Schritte vorgibt – Malina krabbelt dann, wenn sie bereit dazu ist. Jedes Individuum hat seinen eigenen Rhythmus. „Nur weil man am Gras zieht, wächst es nicht schneller“ sagt ein afrikanisches Sprichwort. Das gilt auch für so viele Veränderungs-, Transformations- oder Weiterentwicklungsprojekte in Unternehmen. Ich kann die Menschen, mit denen ich arbeite, beobachten, führen, sie unterstützen – am Ende muss jeder seine Entwicklung selbst erleben. Unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeiten sind ok, und wir sollten sie aushalten können – daran erinnert mich meine Tochter immer wieder.

Wie geht ihr gegenüber euren Kunden mit eurer neuen Situation um – macht ihr eure Vaterschaft zum Thema?

Ja, ich stelle in meinen Trainings aktiv meine neue Rolle als Vater vor. In Online-Trainings werde ich auch hin und wieder aufgefordert, den Kleinen herzuzeigen. Dem komme ich als stolzer Papa meist gerne nach.

Jonathan Schauer, Partner Setting Milestones

Philip: Ich hatte kürzlich die Situation, dass meine Frau an einem meiner Homeoffice-Tage einen Hexenschuss hatte. Ich hatte an diesem Tag einen Online-Führungskräfteworkshop. Da die Oma erst etwas später verfügbar war, musste ich die erste halbe Stunde meines Workshops mit Baby auf dem Arm bewältigen. Und wisst ihr, was das Herausforderndste dabei war? Es hörte mir keiner mehr zu!  Alle waren mit Malina beschäftigt. Ich war erstaunt und bewegt, wieviel Verständnis und Humor mir hier entgegengebracht wurde.

Jetzt aber noch Hand aufs Herz: Gibt es etwas, das ihr aus eurem alten Leben vermisst?

Jonathan: Klar. Manchmal wäre es schon schön, einfach spontan sein zu können.

Philip: Ich würde gerne wieder einmal durchschlafen.

Chris: Ab und an würde ich mir mehr Zeit mit meiner Frau (alleine) wünschen.


Das Interview führten Birgit Schreder-Wallinger und Sofia Brunauer. Birgit ist dreifache Mama und Trainerin bei Setting Milestones. Hin und wieder schmunzelt sie über die frischgebackenen Daddys. Sofia hat noch keine Kinder. Der Ehrgeiz unserer Jung-Daddys beeindruckt sie und stellt den Daddy-to-be ihrer zukünftigen Kinder etwas unter Druck.